Marketing ist wie gärtnern
13. Juli 2023
Datum
13. Juli 2023
Autor
Bernhard Schmid
Sales & Project Manager
Nichts ist so beständig wie der Wandel, wusste Heraklit schon vor über 2500 Jahren. Diese Erkenntnis scheint in vielen Lebensbereichen aktueller denn je. Auch das Marketing ist davon betroffen, denn mit der Digitalisierung sind unzählige neue Möglichkeiten und Märkte hinzugekommen, die es gerade für kleine und eher traditionelle Unternehmen schwerer machen, den Überblick zu behalten.
Viele, vor allem kleinere Unternehmen, tun sich schwer mit dem Thema Marketing, das oft als unnötiger Kostenfaktor oder notwendiges Übel abgetan wird. Dabei ist gutes und erfolgreiches Marketing eigentlich wie Gärtnern. Man muss säen, dann richtig pflegen und am Ende kann man ernten. Auch der potenzielle Kunde selbst ist wie eine Pflanze, die gehegt und gepflegt werden will.
Dazu kommt die heutige Erwartungshaltung: Man investiert (oder sät) einen bestimmten Betrag und erhält in kurzer Zeit das x-fache zurück. Erfahrene Gärtner wissen, dass dem nicht so ist, sondern dass für einen nachhaltigen Ertrag Geduld und Arbeit notwendig sind. Genauso ist es im Marketing: Viele Massnahmen zahlen sich erst mittel- bis langfristig aus. Oft ist es zudem kaum möglich, genau zu messen, welche Massnahmen zu welchem Erfolg beitragen.
Positionierung der eigenen Firma
So wie es verschiedene Pflanzen gibt, sind auch die Bedürfnisse der Kunden sehr unterschiedlich. Es ist unmöglich, allen Bedürfnissen gerecht zu werden. Deshalb ist die eigene Positionierung sehr wichtig. Bei der Positionierung geht es darum, Stärken und Qualitäten gezielt zu schaffen und hervorzuheben, die ein Produkt oder eine Dienstleistung von anderen unterscheidet. Mit der Positionierung erarbeiten Sie Ihr Alleinstellungsmerkmal (siehe Kästchen «Positionierung»). Kurz gesagt, drückt die Positionierung aus, was Ihr Produkt für wen und warum leistet. Es geht also um diese drei zentralen Fragen:
Was biete ich an?
Wer ist meine Zielgruppe?
Warum muss ein Kunde mein Produkt / meine Dienstleistung haben?
Wenn Sie die Antworten auf diese Fragen haben, wissen Sie, was Ihre Botschaft ist, wen Sie erreichen wollen und wie Sie diese Kundschaft am besten ansprechen. Sie wissen, welche Marketingmassnahmen zu Ihnen passen und was zu tun ist.
Markus* hat sich die Frage nach der Positionierung noch gar nie gestellt. Seit er angefangen hat, ist das Geschäft einfach immer gewachsen und die Nachfrage gestiegen. Zwar ärgert er sich über den Preiszerfall auf vielen seiner Leistungen, aber das konnte er bisher immer mit Effizienzsteigerung wettmachen. Das Einzige was ihn stört: Er erhält immer weniger hochwertige Umänderungen und dafür immer mehr Unterhaltsarbeiten, weil er oft sehr preiswert ist. Eine gute Auslastung ist eine sehr gute Ausgangslage, sich Gedanken über die Positionierung zu machen und seinen Betrieb dort zu verankern wo die eigenen Stärken liegen und wo er profitabel ist.
Martina* hat sich erst gerade intensiv Gedanken zu ihrer Positionierung gemacht. Für Sie ist klar, dass sie vor allem auf Eigen- und regionale Produktion setzen will und das in einem mittleren Preissegment, da viele ihrer potentiellen Kunden bereit sind, etwas mehr für gute, lokale Produkte zu bezahlen. Dies will sie künftig in ihrem Marketing-Mix besonders herausstreichen.
Der Preis ist das meistgenannte Argument, wenn man Unternehmer fragt, warum sie denken, dass sich ein potentieller Kunde für den Mitbewerber entschieden hat. Es stimmt, der Preis ist zu einem wichtigen Kriterium bei der Kaufentscheidung geworden. Aber längst nicht für alle Kunden ist der (niedrigste) Preis das wichtige Kriterium. Häufig wird auch das Preis-Leistungs-Verhältnis genannt. Das heisst, der Preis wird in Relation zu einer Leistung gesetzt. Wird die Leistung als hoch empfunden, kann auch der absolute Preis höher sein. Da gilt es als Fachgeschäft anzusetzen und die eigenen Leistungen herauszustreichen. Denn den reinen Preiskampf kann der Fachhandel nicht gewinnen. Tatsächlich gibt es unzählige weitere Parameter, die eine Kaufentscheidung beeinflussen können (siehe Kästchen «Kaufentscheid»).
Erfolgreiches Marketing setzt voraus, dass die Massnahmen die anvisierten Zielgruppen erreichen und dass die Kunden verstehen, für welche Leistungen und Werte das Unternehmen steht. Das gelingt am besten mit aussagekräftigen Inhalten.
Content is King
Bevor man sich Gedanken zu den passenden Werbemedien macht, muss die Botschaft, die man vermitteln will, klar definiert sein. Je interessanter und spezifischer diese Botschaft für die Zielkundschaft ist desto besser. Entscheidend ist, dass die Mitteilung verstanden wird, beim Adressaten Interesse weckt und ihn zum Handeln bewegt. Am einfachsten gelingt dies, wenn die Information einem Bedürfnis der Zielkundschaft entspricht oder gar eine Problemlösung anbietet.
Oftmals fällt es gerade kleineren Betrieben schwer, die Botschaften richtig zu formulieren. Inhaber und Mitarbeitende beschäftigen sich tagtäglich mit der Materie. Für sie sind fachtechnische Mitteilungen klar und logisch. Laien haben meistens eine ganz andere Sicht auf ein Fachthema. Diesem Umstand gilt es Rechnung zu tragen. Fragen Sie einmal nahestehende Personen, wie sie Ihre Unternehmung wahrnehmen.
Denken Sie zum Beispiel an den jungen Hausbesitzer. Er hat sich wahrscheinlich noch nicht so viele Gedanken über seinen Garten gemacht. Vieles ist neu. Wenn er ein Problem in seinem Garten hat, wird er wahrscheinlich nicht mit den richtigen Fachbegriffen nach einer Lösung suchen, sondern so, wie er das Problem empfindet. Holen Sie Ihre potenziellen Kunden entsprechend ab. Sie sind der Problemlöser, also erklären Sie kurz und prägnant, welche «Problemlösungen» Sie anbieten.
Ein zentrales Element dafür ist die Website. Stellen Sie sich Ihre Website wie die Rezeption eines Hotels vor. Sie ist 365 Tage im Jahr rund um die Uhr erreichbar und je besser sie Auskunft geben kann, desto wohler fühlt sich der Gast. Der Unterschied ist, dass auf der Website nicht direkt auf die An-liegen des potenziellen Kunden eingegangen werden kann (ausser es wird eine Live-Chat-Version implementiert). Umso wichtiger ist es, dass die Website so viele Informationen wie möglich bietet, dass sich der potentielle Kunde auf der Website wohl fühlt und dass die Inhalte aktuell sind.
Nicht unwesentlich ist, wie die Inhalte optisch daherkommen. Grundsätzlich gilt für Website-Inhalte: weniger ist mehr. Also lieber weniger aber inhaltsreiche Tipps, weniger Bilder, diese aber aussagekräftig auswählen und gut bearbeiten. In gewissen Situationen können auch Stockbilder als Symbol dienen. Einige Beispiele für Inhalte sind im Kästchen «Web-Inhalte» zusammengestellt.
Das Einkaufsverhalten
Martina hat schon länger das Gefühl, dass immer mehr Kunden online einkaufen und sich bei ihr nur noch beraten lassen, vor allem im Bereich der Hartwaren. Dieses Gefühl haben viele Einzelhändler. Tatsächlich hat der Online-Handel in den letzten Jahren stark zugenommen. Und doch zeigen aktuelle Studien, dass nach wie vor über 85 Prozent der Waren im stationären Handel gekauft werden und nur 15 Prozent online. Aber über 80 Prozent der Kunden informieren sich vor dem Kauf online. Das heisst, die Informationen online müssen so interessant sein, dass die Kunden dazu bewegt werden, in das Geschäft zu kommen oder Kontakt aufzunehmen.
Der hybride Kunde ist heute Realität: Mal kauft er online, mal stationär, mal informiert er sich online und mal kauft er spontan offline etwas, das ihm gerade gefällt. Dieser Trend wird sich in Zukunft eher noch verstärken und dem muss ein Betrieb Rechnung tragen. Schwierig für den stationären Handel sind jene Produkte geworden, die leicht zu vergleichen sind und online viel günstiger angeboten werden. Da mitzuhalten ist ein Ding der Unmöglichkeit, denn die grossen Online-Händler sind auf Effizienz getrimmt und können meistens einen tieferen Preis anbieten.
Dagegen hat der stationäre Handel einen ganz grossen Vorteil: Der Kunde kann die Ware erleben, riechen, vergleichen etc. Ausserdem hat der Fachhandel die Möglichkeit, eine persönliche Beziehung zum Kunden aufzubauen. Ganz wichtig: Wenn der Kunde schon mal da ist, dann muss es das Ziel sein, mit ihm ins Gespräch zu kommen, ihn optimal zu bedienen (Stichwort Zusatzverkäufe) und zu einem Verkaufsabschluss zu kommen.
Ein Vorteil der Grünen Branche ist, dass Pflanzen schwer zu standardisieren und zu versenden sind. Trotzdem gibt es bereits einige erfolgreiche Online-Shops für Pflanzen. Hier muss man sich die Frage stellen, ob sie wirklich den gleichen Kundenkreis ansprechen.
Markus hat es da etwas einfacher. Die meisten seiner Kunden sind noch nicht in der Lage, einen Garten online zu kaufen. Dennoch haben Online-Shops auch Einfluss auf seine Kunden. So ist es heute relativ einfach, die Preise für Töpfe, Heckenpflanzen und Zubehör zu ermitteln und entsprechend auf niedrigere Preise zu drängen. Umso wichtiger ist es, dass Markus seine Erfahrung und sein Wissen verkaufen kann. Dies gelingt ihm am besten, wenn er dem Kunden eine Lösung für sein «Problem» verkaufen kann ohne schon auf die Details einzugehen.
Warum überhaupt werben?
Oft hört man gerade bei kleineren Betrieben und insbesondere auch in der Grünen Branche den Satz: «Ich brauche kein Marketing, die Kunden kommen sowieso». Das mag zum Teil stimmen, aber gerade die letzten Jahre haben gezeigt, dass sich das Kundenverhalten sehr schnell ändern kann. Wenn ein Betrieb in solchen Situationen nicht bereits bekannt ist, wird er vom Markt ab-geschnitten. Ist ein Unternehmen heutzutage online nicht auffindbar, existiert es im Bewusstsein der Kunden einfach nicht. Das ist wie früher, wenn man nicht im Telefonbuch stand.
Nicht vergessen werden darf, dass die gesamte Gesellschaft mobiler und dynamischer geworden ist. Das bedeutet einerseits, dass die Kunden immer weitere Wege zurücklegen, um einzukaufen und andererseits, dass jedes Jahr bis zu 10 Prozent der Bevölkerung umzieht. Im Extremfall kann der Betrieb dadurch jedes Jahr 10 Prozent seiner Kundschaft verlieren. Und woher sollen die Neuzuzüger wissen, dass es Ihren Betrieb gibt, wenn Sie kein Marketing betreiben?
Übrigens kann eine gute Online-Präsenz auch helfen, geeignetes Personal zu finden. Wie in so vielen Bereichen des Lebens zählt auch hier der erste Eindruck. Gute Mitarbeitende arbeiten gerne für Firmen, mit denen sie sich identifizieren können. Wenn auf der Website ersichtlich ist, welches die Werte und Leistungen der Firma sind, steigt die Chance, dass sich genau die passenden Arbeitskräfte bei Ihnen melden.
*Markus hat einen gut gehenden Gartenbau-Betrieb mit 20 Mitarbeitern. Er ist vor allem im Privatsektor tätig, macht vorwiegend hochwertige Umänderungen und Pflegearbeiten. Die Auftragsbücher sind meistens Monate im Voraus voll. Daher stellt sich Markus die Frage, warum soll er für Marketing Geld ausgeben, wenn es ja sowieso läuft.
*Martina führt einen kleinen Endverkaufsbetrieb an guter Lage mit eigener Pflanzenproduktion, vorwiegend Saisonflor, Kräuter und Gemüse. Sie konnte lange auf eine treue Stammkundschaft zählen, merkt aber langsam, dass die Kundschaft immer älter wird und eher abnimmt. Martina fragt sich, wie sie mit ihrem kleinen Marketingbudget mehr Kunden gewinnen kann.
Autor
Bernhard Schmid
Sales & Project Manager
Bernhard Schmid besitzt einen Abschluss als Gartenbau Ingenieur FH und einen Bachelor Abschluss in Marketing. Er arbeitet seit über 20 Jahren in der Grünen Branche in unterschiedlichen (Marketing) Positionen. Unter anderem war er Geschäftsführer eines grossen Gartencenters und leitete für einen Unternehmerverband eine Abteilung. Heute profitieren die Kunden bei der Media Concept Group von diesen langjährigen Erfahrungen und er teilt sein Wissen auf diesem Blog.